Palladium ist dafür bekannt, im großen Bild zwischen enormen Anstiegen und erheblichen Preisrücksetzern zu wechseln. Ein Investment in das Metall ist nichts für schwache Nerven: Man sollte dafür nur einen kleinen Teil seiner verfügbaren Mittel verwenden und auch nur dann, wenn man eine längere Schwächephase aussitzen kann. Diese Vorbemerkung ist wichtig, weil Palladium immer für eine Überraschung gut ist – in die eine oder in die andere Richtung. Ein Beispiel aus der Vergangenheit: Von März 2022 bis Dezember 2023 fiel der Rohstoff von 3.200 US$ auf 950 US$ und brach dann lehrbuchmäßig seinen Abwärtstrend. Wer dann bei 1.200 US$ eingestiegen ist, fuhr mit dem Aufzug bis auf 868 US$ abwärts.
Palladium hat enormes Aufholpotential
Heute befindet sich der Palladiumpreis ungefähr da, wo er Anfang 2019 stand, und zu seinen Höchstständen hat er enormes Aufholpotential, wogegen z. B. Gold immer wieder neue Höchststände anläuft. Palladium ist derzeit das unbeliebteste unter den Anlagemetallen: Weil der Verbrennungsmotor angeblich keine Zukunft hat, verbindet man mit dem Rohstoff keine Kursphantasie. Dabei werden vier sehr wichtige Aspekte ausgeblendet: Erstens gibt es für Palladium zahlreiche wichtige Anwendungsmöglichkeiten in Chemie und Technik. Zweitens hat es die höchste Absorptionsfähigkeit für Wasserstoff und spielt daher in der in Zukunft immer wichtigeren Wasserstofftechnik eine entscheidende Rolle. Drittens war die Ersetzung von Palladium durch Platin nur solange ein Thema, wie Palladium deutlich teurer als Platin war. Inzwischen sind ihre Preise ungefähr gleich, teilweise war Platin deutlich teurer. Und viertens werden wir durch die Konfrontation mit Rußland möglicherweise von 40 % der Palladium-Weltproduktion abgeschnitten, was zu einem deutlichen Angebotsrückgang führen würde. Mit 24 % Anteil liegt Rußland unter den Palladium-Exportnationen an erster Stelle, Deutschland ist mit 17 % der wichtigste Importeur, allerdings überwiegend belgischer Palladiumexporte. Die oberirdischen Vorräte befinden sich derzeit auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1980 (!), die der Forschungsgruppe beim Beratungsunternehmen Metals Focus zur Verfügung stehen.
Platin-Palladium-Ratio
Während sich der Platinpreis seit 2015 in einem Korridor zwischen 800 US$ und 1.100 US$ befindet (von kleinen Ausreißern abgesehen), erlebte der Palladiumpreis von 2016 bis 2022 eine Versechsfachung, fiel dann aber auf weniger als ein Drittel seines Wertes zusammen. Die Schwankungsbreite ist also wesentlich höher, und trotzdem ist man geneigt, beide Metalle für ungefähr gleichartig zu halten. Ein genauer Blick auf die Platin-Palladium-Ratio zeigt deutlich, wie sich Palladium gerade auf den Weg macht, seinen ungleichen Bruder neuerlich zu überflügeln. Sie gibt an, wie viele Unzen Platin man benötigt, um eine Unze Palladium zu kaufen. Derzeit liegt dieser Wert ungefähr bei 1. Aber in der Vergangenheit oszillierte das Verhältnis lange um den Wert 4 – mit Ausschlägen bis auf 5 oder sogar 6.Ungefähr seit 2017 zeichnet sich auf dem Diagramm der Platin-Palladium-Ratio eine saubere, schüsselförmige Bodenformation ab, die gerade mit einer schnellen Aufwärtsbewegung abgeschlossen wird. Wenn diese Schüssel auch nur einigermaßen symmetrisch verläuft, wird man in absehbarer Zeit (etwa 2027) mit einem Wert von 2 und einige Jahre später mit einem Wert von 4 rechnen können. Bleibt der Platinpreis wie in den vergangenen Jahren in seinem Preisband gefangen, dessen obere Begrenzung bei etwa 1.100 US$ verläuft, ergibt sich daraus ein rechnerisches erstes Ziel von 2.200 US$ für Palladium. Das wäre ein Gewinn von 120 %. Sollte sich Platin wider Erwarten schwächer entwickeln und wieder auf 800 US$ fallen, bedeutet eine Ratio von 2 dennoch einen Palladiumpreis von 1.600 US$.
Bei keinem anderen Weißmetall ist die sorgfältige Suche nach dem richtigen Einstiegs- und Ausstiegszeitpunkt so wichtig wie bei Palladium. Aber gerade jetzt, wo sein Preis eine mehrjährige und sehr starke Abwärtsphase hinter sich hat und seit einiger Zeit durch kurze, scharfe Anstiege auf sich aufmerksam macht, dürfte es sich lohnen, diesen Rohstoff wieder in den Blick zu nehmen. Beim antizyklischen Investieren geht es gerade darum, dann einzusteigen, wenn die Marktstimmung am Boden liegt. Bei Palladium ist das der Fall. Schon bald kann es hier eine große Überraschung geben.