Frage: Herr Reime, die BaFin hat aktuell gleich zwei Warnungen veröffentlicht – zum einen zu einer ganzen Reihe vermeintlich KI-gestützter Investmentplattformen, zum anderen zu dubiosen Jobangeboten auf der Website vet-staking.com. Was steckt dahinter?
Rechtsanwalt Reime: In beiden Fällen geht es um illegale Finanzdienstleistungen – und zwar in besonders perfider Form. Die Anbieter agieren ohne jede Zulassung, locken mit technologischem Fortschritt, etwa mit „KI-Handel“, oder mit lukrativ klingenden Nebenjobs im Kryptobereich. Tatsächlich nutzen sie das fehlende Fachwissen vieler Menschen aus. Am Ende verlieren Betroffene oft nicht nur ihr Geld, sondern geraten auch in rechtlich hochproblematische Situationen.
Frage: Lassen Sie uns zunächst auf die KI-Investmentplattformen blicken. Die BaFin spricht von zahlreichen nahezu identischen Webseiten. Was genau macht diese so gefährlich?
Rechtsanwalt Reime: Diese Plattformen vermitteln den Eindruck, als handle es sich um seriöse, regulierte Anbieter für automatisierten Finanzhandel – häufig schon ab einer Einstiegszahlung von 250 Euro. In Wahrheit fehlen aber ein Impressum, eine Zulassung nach dem Kreditwesengesetz oder dem Wertpapierinstitutsgesetz. Wer hier investiert, hat kaum eine Chance, sein Geld wiederzusehen. Denn die Anbieter operieren anonym, meist aus dem Ausland, und entziehen sich jeder rechtlichen Kontrolle. Die betroffenen Anleger haben am Ende keinerlei Ansprüche – weder gegenüber der Plattform noch gegenüber Dritten.
Frage: Und was hat es mit der Warnung zu vet-staking.com auf sich?
Rechtsanwalt Reime: Hier wird eine andere, nicht minder riskante Masche gefahren. Personen werden mit einem „Jobangebot“ geködert: Sie sollen Geld empfangen und es dann angeblich in Kryptowährungen umtauschen. Was nach harmloser Dienstleistung klingt, ist rechtlich hochbrisant. Wer Gelder für Dritte entgegennimmt und in Kryptowerte umwandelt, betreibt unter Umständen eine erlaubnispflichtige Kryptowerte-Dienstleistung – ohne sich dessen bewusst zu sein. Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern kann strafrechtlich relevant sein, etwa wegen Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz. Dazu kommen mögliche zivilrechtliche Ansprüche Geschädigter.
Frage: Welche konkreten Risiken ergeben sich für Verbraucher oder Jobsuchende?
Rechtsanwalt Reime: Da ist zunächst das Risiko, für Verluste Dritter haften zu müssen – wenn beispielsweise jemand, dessen Geld weitergeleitet wurde, Rückzahlung verlangt. Noch gravierender sind aber mögliche strafrechtliche Folgen. Wer solche Jobs annimmt, kann als Strohmann für betrügerische Geldflüsse benutzt werden – mit dem Risiko, sich der Beihilfe zur Geldwäsche oder zum Betrug schuldig zu machen. Nicht zu unterschätzen ist auch der Missbrauch persönlicher Daten: Wer seine Kontoverbindung oder gar Ausweiskopien übermittelt, läuft Gefahr, Opfer von Identitätsdiebstahl zu werden. Die Risiken sind erheblich – und werden von vielen unterschätzt.
Frage: Was können Verbraucher tun, um sich zu schützen?
Rechtsanwalt Reime: Die wichtigste Regel: Immer prüfen, ob eine Plattform oder ein Anbieter eine Zulassung der BaFin besitzt – das ist online in der Unternehmensdatenbank sehr einfach möglich. Angebote, bei denen man sein Konto oder Wallet für Dritte einsetzen soll, sind in aller Regel unseriös. Wenn Zweifel bestehen, rate ich dringend zu einer Beratung – sei es bei einer Verbraucherzentrale oder durch eine spezialisierte Kanzlei. Wer blind unterschreibt oder Geld weiterleitet, riskiert mehr als nur den Einsatz.
Frage: Was raten Sie Betroffenen, die bereits investiert oder als „Krypto-Helfer“ tätig waren?
Rechtsanwalt Reime: In solchen Fällen sollte schnell gehandelt werden. Dokumentieren Sie alles: E-Mails, Chatverläufe, Kontobewegungen. Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft. Parallel sollte ein Anwalt prüfen, ob Rückforderungsansprüche geltend gemacht werden können – unter Umständen auch gegen Mittelsmänner oder Empfänger. Vor allem aber gilt: Nicht aus Scham oder Angst untätig bleiben. Je früher man sich absichert, desto besser kann man rechtlich gegensteuern.
Frage: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre Einschätzungen.
Rechtsanwalt Reime: Sehr gerne. In Zeiten digitaler Täuschung und finanziellem Missbrauch sind Wachsamkeit und rechtliche Aufklärung wichtiger denn je.