Immer neue Direktiven, immer neue Regulierungen: Längst haben wir uns daran gewöhnt, unsere Lebens- und Wirtschaftsweise maßgeblich von Brüssel bestimmen zu lassen. Doch diese Entwicklung hat auch ihre Schattenseiten, wie die Berichte über Bargeldabschaffung, Vermögensregister und die Möglichkeit eines Goldverbots zeigen. Ein Ende der EU sollte man sich aber nicht vorschnell wünschen: Falls das kontinentale Integrationsprojekt scheitern sollte, dann folgen jahrzehntelang Schuldzuweisungen, und diese beginnen bereits.
Seit einigen Jahren werden die Mitgliedsstaaten der EU sozusagen divers und vielfältig, nur nicht im Sinne eines einheitlichen, globalistischen EU-Leitbilds. Die Regierungen verschiedener Länder stehen seit einiger Zeit politisch „rechts“, was mit allerhand Zuschreibungen verbunden wird, trotzdem haben sie das Gemeinschaftsprojekt nicht gesprengt. Ihnen allen ist gemeinsam, die Anliegen des jeweils eigenen Volkes tendenziell höher zu bewerten als die Direktiven aus Brüssel. Das kann man durchaus für etwas demokratischer halten: Die wesentlichen Ämter und Institutionen der EU werden durch Ernennungen und Absprachen besetzt und haben keine demokratische Legitimation. Nicht einmal Spitzenkandidaten haben bei einem Wahlsieg sichere Aussicht auf ihr Amt. Zugleich aber stehen EU-Verordnungen, die neuerdings „EU-Gesetze“ genannt werden, obwohl sie keine sind, über nationalem Recht. Die Verfahrensweise der EU-Kommission hat viele Menschen, Europäer aus tiefem Herzen, von der EU entfremdet.
Daneben werden die zum guten Teil durch die EU verursachten wirtschaftlichen Probleme nicht gelöst, sondern vertagt und damit vergrößert. Der Euro-Dollar-Wechselkurs ist im beschleunigten Sinkflug und nähert sich der Parität. Drohende Handelskonflikte mit den USA und China werden zusätzlich zu den Sanktionen gegen Rußland für erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten sorgen. Seit 2008 eiert die Staatengemeinschaft von einer Krise zur nächsten, stets werden neue Rettungsschirme, Maßnahmen und Regeln aufgetürmt. Wir haben keine stabile Währung, die Staatshaushalte gehen immer tiefer in die roten Zahlen, zugleich aber werden laufend neue Milliardensummen für ideologische Projekte ausgegeben. Wir haben keine glaubwürdige Sicherheitsarchitektur, keine tragfähigen Antworten auf die Migrationskrise und keine starke Stimme in der Welt. Wirtschaftlich ist die EU auf dem absteigenden Ast, die Energieversorgung ist gefährdet, das Verhältnis zu drei Großmächten zerrüttet, die Außenpolitik eine Farce. Frankreich steht vor einer Finanzkrise, und falls sie abgewendet werden kann, steht gleich woanders die nächste bereit. Dazu möchte man die Ukraine in die EU aufnehmen, was sich – von moralischen Aspekten abgesehen – finanziell als sicherer Sargnagel herausstellen wird.
Selbst wenn man ein großer Freund der EU ist, kann man ihren Skeptikern zugute halten, dafür gute Gründe zu haben. Ähnlich sieht es in Nord- und Südamerika aus, wo ein neuartiger Politikstil dem „Weiter so“ des Establishments entgegengesetzt wird.
Für Anleger ist die Frage relevant, wie sich diese Entwicklung auf die eigenen wirtschaftlichen und finanziellen Perspektiven auswirkt. Mehr Diversität unter den Regierungsstilen bedeutet generell mehr Wahlmöglichkeit. EU-skeptische Regierungen tendieren zuweilen zur Sicherung bürgerlicher Freiheiten (Bargeldbenutzung, Sicherheit des Eigentums, Rechtssicherheit), möglicherweise werden neue EU-Beschlüsse dann gar nicht in nationales Recht umgewandelt (Vermögensregister, Bargeldobergrenze). Insofern die EU für eine Aufweichung des Geldwerts (durch Inflation) steht, könnte man EU-skeptischen Regierungen eine solidere Finanzpolitik zu etablieren. Dies ist jedoch nicht automatisch der Fall. Weniger EU bedeutet auf jeden Fall mehr Privatsphäre, größere Entscheidungsräume und mehr Vermögenssicherheit.
Der Rückbau der EU dürfte allerdings auch ein ernstzunehmendes Symptom für eine Entwicklung sein, gegen deren Folgen man sich mit Edelmetallen absichern sollte: Da die EU von innen heraus nicht reformiert werden kann, wird sie sich nur dann verändern, wenn ihr das Geld ausgeht. Dies passiert, sobald Deutschland als wichtigster Motor finanziell ausfällt. Deutschland fällt im Zuge seiner Deindustrialisierung aus, weil seine Einnahmen aus der Körperschafts- und Mehrwertsteuer zurückgehen werden. Auch in anderen Staaten schrumpft die Wirtschaftsleistung, nicht zuletzt in Österreich. Die EU wird über kurz oder lang auf einen drastischen Sparkurs einschwenken müssen, es gibt also weniger Geld für die Staaten, die etwas bekommen. Jene, die ihre EU-Mitgliedschaft vor allem als Geldquelle verstehen, werden sich dann fragen, wozu sie in der EU bleiben sollen. In diesem Fall würde eine Kern-EU übrigbleiben, die sich mehr oder weniger am jetzigen Zustand orientiert, aber auch leichter reformiert werden könnte. In ihrer Nachbarschaft würden sich Staaten befinden, die zwar nicht mehr Mitglieder sind, sich aber kooperativ annähern können, wie dies schon jetzt bei Staaten wie der Schweiz oder Liechtenstein der Fall ist.