Interview mit Rechtsanwalt Reime: „Wie Verbraucher sich vor Identitätsmissbrauch durch Plattformen wie Interactive Assets schützen können“

Interview mit Rechtsanwalt Reime: „Wie Verbraucher sich vor Identitätsmissbrauch durch Plattformen wie Interactive Assets schützen können“

Veröffentlicht:

Montag, 27.01.2025
von Red. LF

Interviewer: Herr Reime, die BaFin warnt vor der Plattform Interactive Assets, die Finanz- und Kryptodienstleistungen ohne Erlaubnis anbietet und sich fälschlicherweise als von der BaFin beaufsichtigt ausgibt. Wie bewerten Sie diesen Fall?

RA Reime: Dieser Fall ist leider kein Einzelfall, aber besonders besorgniserregend. Hier wird nicht nur ohne die notwendige Erlaubnis operiert, sondern es wird gezielt das Vertrauen der Verbraucher missbraucht, indem der Eindruck erweckt wird, die Plattform stehe unter der Aufsicht der BaFin oder sei mit renommierten Institutionen wie der Börse Stuttgart verbunden. Solche Praktiken untergraben das Vertrauen in den Finanzmarkt und führen dazu, dass ahnungslose Verbraucher Geld an Betrüger verlieren.

Interviewer: Was genau bedeutet Identitätsmissbrauch in diesem Kontext?

RA Reime: Identitätsmissbrauch bedeutet, dass Betrüger den guten Ruf seriöser Institutionen wie der Börse Stuttgart oder der BaFin ausnutzen, um sich als vertrauenswürdig darzustellen. Verbraucher sollen glauben, dass die Plattform von einer offiziellen Stelle geprüft wurde. Das ist besonders perfide, da viele Anleger sich auf solche Angaben verlassen. Die Realität ist jedoch, dass diese Plattform keinerlei Verbindung zu den genannten Institutionen hat und illegal agiert.

Interviewer: Welche Risiken ergeben sich für Verbraucher, die auf solche Plattformen hereinfallen?

RA Reime: Die Risiken sind enorm. Erstens besteht die Gefahr, dass Anleger ihr investiertes Geld vollständig verlieren. Solche Plattformen operieren oft aus dem Ausland, sodass rechtliche Schritte schwierig oder unmöglich sind. Zweitens könnten persönliche Daten wie Passkopien oder Kontoinformationen in die falschen Hände geraten und für weiteren Betrug, beispielsweise Identitätsdiebstahl, genutzt werden. Drittens wird oft mit unrealistischen Renditeversprechen gelockt, die natürlich nicht eingehalten werden. Letztendlich stehen Verbraucher fast immer mit leeren Händen da.

Interviewer: Die BaFin verweist in ihrer Warnung auf § 37 Abs. 4 KWG und § 10 Abs. 7 KryptoMaAG. Was bedeuten diese rechtlichen Grundlagen?

RA Reime: Nach § 37 Abs. 4 des Kreditwesengesetzes (KWG) und § 10 Abs. 7 des Kryptomärkteaufsichtsgesetzes (KryptoMaAG) benötigen Anbieter von Finanz-, Wertpapier- und Kryptowerte-Dienstleistungen in Deutschland eine Erlaubnis der BaFin. Diese Genehmigung stellt sicher, dass die Anbieter seriös sind und sich an strenge gesetzliche Vorgaben halten. Unternehmen, die ohne diese Zulassung agieren, handeln illegal, und die BaFin ist verpflichtet, solche Aktivitäten öffentlich zu machen und die Verbraucher zu warnen.

Interviewer: Was können Verbraucher konkret tun, um nicht auf solche Betrüger hereinzufallen?

RA Reime: Verbraucher sollten grundsätzlich wachsam sein und folgende Schritte beachten:

  1. BaFin-Unternehmensdatenbank prüfen: Auf der Website der BaFin kann jeder nachsehen, ob ein Anbieter zugelassen ist.
  2. Das Impressum kontrollieren: Eine seriöse Plattform hat ein vollständiges Impressum mit Kontaktdaten und einer registrierten Adresse in der EU.
  3. Misstrauen bei unrealistischen Versprechen: Wenn eine Plattform hohe Renditen bei minimalem Risiko verspricht, ist dies ein klares Warnsignal.
  4. Online-Recherche: Eine Internetsuche nach dem Anbieter und Begriffen wie „Warnung“ oder „Betrug“ kann oft Aufschluss über fragwürdige Praktiken geben.
  5. Keine persönlichen Daten preisgeben: Niemals sensible Informationen wie Ausweiskopien oder Bankdaten an unbekannte Plattformen senden.

Interviewer: Was raten Sie Betroffenen, die bereits Geld an solche Plattformen überwiesen haben?

RA Reime: Schnelles Handeln ist entscheidend:

  1. Bank oder Kreditkartenanbieter kontaktieren: Wenn die Zahlung erst kürzlich erfolgt ist, könnte eine Rückbuchung oder Sperrung noch möglich sein.
  2. Beweissicherung: Alle E-Mails, Transaktionsnachweise und Unterlagen sollten dokumentiert werden.
  3. Anzeige erstatten: Der Betrug sollte bei der Polizei gemeldet werden. Auch die BaFin oder Verbraucherzentralen sollten informiert werden.
  4. Rechtsberatung suchen: Ein spezialisierter Anwalt kann prüfen, ob noch Chancen bestehen, das Geld zurückzuholen oder Schadenersatz zu fordern.

Interviewer: Gibt es aus Ihrer Sicht ein generelles Problem mit der Regulierung solcher Plattformen?

RA Reime: Absolut. Obwohl es in Deutschland und der EU strenge Vorschriften gibt, nutzen viele Betrüger Gesetzeslücken oder operieren aus Ländern, die außerhalb der Reichweite der europäischen Regulierungsbehörden liegen. Solche Plattformen setzen auf die Naivität und Unsicherheit von Verbrauchern, insbesondere im Bereich Kryptowährungen, wo viele Anleger wenig Erfahrung haben. Eine stärkere internationale Zusammenarbeit bei der Regulierung und Strafverfolgung wäre dringend nötig.

Interviewer: Haben Sie abschließend einen Rat für Verbraucher?

RA Reime: Ja, ich rate zu einer einfachen Grundregel: Vertrauen Sie nur Anbietern, die nachweislich reguliert und zugelassen sind. Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es das in der Regel auch. Im Zweifel sollten Sie professionelle Beratung einholen – das spart im Ernstfall viel Geld und Ärger.

Interviewer: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre hilfreichen Einblicke!